Lektion 2 über das Denken

Versuche dir einmal vorzustellen, wie du mit Mut deinen Alltag beschreitest. Wie du unbeirrt, frei von Einflüssen und ganz aus der Freude heraus den Geschehnissen begegnest. Wie du sanft dich selbst spürst in all dem Erleben, leise tänzelnd deinen Impulsen folgst. Wie du Freiheit spürst in deinem Herzen, unbeirrt davon, was du gerade tust oder was dich gerade fordert.


Freiheit empfinden, nicht in oder durch deine Gedanken, denn sie schleusen dich in ihrer Art, dich von anderem wegzubringen, „frei“ zu machen, gleichzeitig eben genau in diese Form hinein, in der du dich geformt und wohlverpackt selber als Spielball des Schicksals siehst.

Sondern Freiheit empfinden einmal ganz anders, völlig losgelöst von all dem, was dich dazu bringt, anzunehmen „das seist du“.


So gehen wir ein paar Schritte zurück aus der eigenen Identität. Es spielt also keine Rolle mehr, was du bist, wer du bist, wie du heisst, das dich beschäftigt, was du magst, wofür du dich einsetzt, wohin es dich zieht - was du als wichtig und richtig erachtest. Ganz schön weit weg gehen wir, zurück an den Punkt, an dem du noch nicht wusstest, was du bist:

Keine Annahmen, keine Entdeckungen, keine Bestätigungen und auch keine Prägungen trägst du hier in dir. Du bist bestenfalls mit Worten zu beschreiben als: neugierig, offen, auf alle Seiten ausdehnend. Undefiniert: abstrakt, weil nicht in Bildern zu fassen, eben nicht in Worte zu packen. Doch vor allem bist du - GANZ.


Da schleicht sich die Angst hinzu - sie teilt dich, trennt dich in viele Gedankenformen. Hier erst entsteht das Denken, weil hier erst verschiedene Formen, Varianten vorstellbar werden. Sie raubt dir dein sein und weckt in dir die Frage: was bin ich?

Jede Form der Angst hat genau hier ihren Ursprung. Und jede Angst hat genau denselben Hintergrund: dir das zu nehmen, was du bist und dafür anzubieten, dich selbst definieren zu können - jedoch immer mit der Angst im Nacken, dass dir alles jederzeit wieder genommen werden kann. Sogar du selbst.

Dafür gibt sie dir Schöpfungen der Sicherheit, der Individualität, der Einzigartigkeit - angstgeprägte Versuche, einen sicheren Ort zu schaffen durch die Form der Definition. So beginnen deine Gedanken zu schaffen, und eben dahingehend zu er-schaffen. Sie schöpfen dabei aber immer aus dem Topf der sauren Milch, verdorben durch die eine Zutat. Denn Angst trägt in sich Misstrauen, Missgunst, Rivalität, Angriff. Kreiert dies mannigfaltig, tausendfach, immer weiter,. Und immer mehr zersplitterst du und verlierst dich in immer wieder neuen Ängsten. Es spielt keine Rolle, WIE du definierst, WAS du denkst - alles entspringt demselben einen, kleinen Fehlgedanken - verstehst du das?


Hättest du keine Angst, dass dir irgendetwas genommen werden könnte, dass dir irgendetwas fehlen könnte oder dass du Schuld in dir tragen könntest- wo wäre Bedrohung? Was würde Angst rechtfertigen?

Darum: lass schöpfen, aus dem Gefäss des Erkennens. Dieses Gefäss steht nicht in Raum und Zeit, es ist dir nicht zugänglich, solange du dich definierst und selbstbeherrscht in deine Gedanken des Vergänglichen und Wandelbaren quetschst.


So nutze nun dein Werkzeug neu - erlaube dir neue Gedanken, andersartige Gedanken. Gedanken, die dein Denken aufbrechen. Gedanken, die dich öffnen. Dich aus der Fassung bringen und dich Gefäss sein lassen, durch das Erkenntnis - einer Quelle gleich - deinen Geist nährt.